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Positionspapier zum Steiermärkischen Sozialunterstützungsgesetz

Das Steiermärkische Sozialunterstützungsgesetz, das mit 1.Juli 2021 das Mindestsicherungsgesetz ersetzen wird, steht heute im Landtag zur Abstimmung.

Das Armutsnetzwerk Steiermark hat wie andere NGOs im August 2020 seine Stellungnahme zum ersten Gesetzesentwurf eingebracht.

Im StSUG, auf den sich die Regierungsparteien im Jänner geeinigt haben, haben erfreulicherweise einige Vorschläge, Anregungen und Empfehlungen Berücksichtigung gefunden.
Auf einige bedeutsame Punkte, die jedoch nach wie vor unbeachtet blieben, machen wir erneut aufmerksam.

Im Besonderen auch, weil sich die Lebenssituation von Mindestsicherungsbezieher*innen durch die Corona-Krise drastisch verschlechtert hat und auch noch weiterhin verschlechtern wird.

 

Der Spielraum, den das Land Steiermark im Rahmen der bundesgesetzlichen Vorgabe zur Verfügung hat, wird in der vorliegenden Fassung nicht ausreichend zum Wohle der Bezugsberechtigten ausgelegt, dafür verursacht der enorme bürokratische Mehraufwand hohe zusätzliche Kosten.
Aus den Erläuterungen zum StSUG wird deutlich, dass den „Einsparungen“ durch die erheblichen Leistungsreduktionen fast eine Verdoppelung beim Verwaltungsaufwand gegenüber steht.
 

Leider wurde im StSUG auch keine Rücksicht auf die aktuelle Situation bzw. die Auswirkungen der Corona-Krise genommen.

Neue Daten der Statistik Austria zum Leben mit Mindestsicherung besagen, dass Menschen in der Mindestsicherung deutlich stärker belastet sind, als der Rest der Bevölkerung. Schon jetzt können beispielsweise 11 Prozent der Mindestsicherungsbezieher*innen ihre Wohnung nicht ausreichend warm halten.
Die Erhebung dieser Daten erfolgte vor der Corona-Krise und deren sozialen Auswirkungen. Viele dieser Härten haben sich während der Monate des Lockdowns drastisch verdichtet wie z.B. beengtes Wohnen im Homeschooling und damit einhergehende Benachteiligungen für Kinder und Jugendliche.

 

Die Wohnkostenpauschale, die grundsätzlich zu begrüßen ist, sollte daher unbedingt auf die möglichen 30 % des Höchstsatzes angehoben werden!

Bezieher*innen der Sozialunterstützung dürfen nicht von der Wohnunterstützung ausgeschlossen werden. Diese sollte ihnen zusätzlich zur Sozialunterstützung – ohne Abzüge- gewährt werden. Kritisch sehen wir auch die, um den Wohnkostenanteil reduzierte, Sozialunterstützung für Obdachlose / wohnungslose Menschen. Gerade diese benötigen die volle Sozialunterstützung, damit sie wieder leichter Wohnraum finden.


Die Abschaffung der Mindestsicherung und das neue Sozialunterstützungsgesetz werden angesichts der Corona-Krise zu großen und vermehrten sozialen Probleme führen, eine unzureichende Sozialunterstützung kann sie nicht lösen.
Wir brauchen gerade jetzt eine Sozialunterstützung, die Existenz, Chancen und Teilhabe sichert. Es geht hier um Frauen, Männer, Kinder, die schon bisher mit großen sozialen, finanziellen und gesundheitlichen Belastungen leben und die jetzt Entlastung brauchen, um nicht zusammenzubrechen.

Die Sozialhilfe ist das letzte soziale Netz und darf daher keinesfalls aufgrund von Sanktionen aus dem Arbeitslosenversicherungsgesetz für vermeintliche „Fehlverhalten“ gekürzt oder gar ganz gestrichen werden. Dies entzieht den Menschen ihre Existenzgrundlage und treibt sie in große Not und im Extremfall sogar in die Obdachlosigkeit.
Zudem werden durch die Sanktionen, als vermeintliche „Arbeitsanreize“, und den dadurch entstehenden Druck, jede noch so schlecht bezahlte Stelle annehmen zu müssen, mehr Menschen gezwungen, zu Niedriglöhnen und/oder unter unzumutbaren Arbeitsbedingungen zu arbeiten.
Die Sanktionen für das Nichteinsetzen der Arbeitskraft sind im StSUG wesentlich härter, als dies das SH-GG vorgibt. Dort wäre sogar im Sinne des §7 Absatz 3 SH-GG die Möglichkeit gegeben, den Anspruchsverlust nach dem AlVG mit bis zu 50% des Differenzbetrags auszugleichen.
 

Wir begrüßen, dass „die Führung eines menschenwürdigen Lebens“ in den Erläuterungen als Ziel angeführt wird, im neuen Sozialunterstützungsgesetz fehlt die Umsetzung für dieses wichtige Ziel aber nach wie vor.


 

Die Verhältnisse verschärfen sich zusehends, die Arbeitslosigkeit wird nach Auslaufen der Kurzarbeit rasant steigen. Mehr und mehr Menschen – gerade auch aus der Mittelschicht – werden von Armut betroffen sein.

Es braucht gerade jetzt eine ausreichende und gute Sozialunterstützung!

Unsere dringliche Empfehlung ist daher, im neuen Sozialunterstützungsgesetz der Steiermark alle Möglichkeiten zugunsten der betroffenen Menschen auszuschöpfen!

Graz, im Februar 2021

Positionspapier
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